Chart-Analyse: Zeitintervalle für die Auswertung nutzen
Unabhängig davon, welche Wertpapiere gehandelt werden und wie weit der Anlagehorizont ist – sowohl Aktionäre als auch Daytrader verdanken Erfolge bei ihren Aktivitäten vor allem einem: der möglichst guten Einschätzung künftiger Kursverläufe und der Wertentwicklung ihres Portfolios. Diese Einschätzung ist jedoch alles andere als einfach, denn Aktienkurse und damit auch die Wertentwicklung bei Derivaten wird maßgeblich beeinflusst durch Faktoren, die über bloßes Angebot und Nachfrage hinausgehen.
Mit ins Spiel kommen politische Entscheidungen, regulatorische oder legislative Veränderungen, wirtschaftliche Trends und gänzlich unvorhersehbare Elemente wie Naturereignisse. Sie alle beeinflussen mehr oder minder ausgeprägt die Märkte. Obendrein spielen psychologische Faktoren eine Rolle. Damit sich ein Wert positiv – oder negativ – entwickelt, genügt mitunter ein Gerücht, eine beiläufige Erwähnung in der Presse.
Sogar geschulte Analysten können daher nicht exakt vorhersehen, wie sich die Kurse von Aktien oder Anleihen, ganzen Indizes und strukturierten Finanzprodukten wie Derivaten entwickeln werden. Doch es gibt Methoden der Analyse, die in den meisten Fällen eine gute Einschätzung der bevorstehenden Wertentwicklung erlauben. Dazu gehört die Fundamentalanalyse, die eine Kombination betriebswirtschaftlicher Kennzahlen und Hintergrundinformationen darstellt, und die Technische Analyse, die die grafische Darstellung von Kursverläufen im Chart auswertet.
Kursentwicklungen unter die Lupe nehmen mit Chartintervallen
Aus vergangenen Chartverläufen künftige Wertentwicklungen prognostizieren? Das klingt auf den ersten Blick wie „Malen nach Zahlen“, hat aber eine solide Grundlage. Denn die Technische Analyse stützt sich auf Theorien aus der Wirtschaftspsychologie, die Kursen tatsächlich ein „Erinnerungsvermögen“ bescheinigen. Verfechter der Technischen Analyse wissen durchaus, dass sich Märkte eben nicht rational verhalten, gehen allerdings davon aus, dass auch die Irrationalität bestimmten Mustern folgt. Über ausgewählte Zeiträume lassen sich diese Muster erkennen und auf zukünftige Verläufe projizieren.
Welche Zeitintervalle lassen sich im Chart darstellen?
Prinzipiell lässt sich die Kursentwicklung von Werten im Chart in unterschiedlichen Einheiten darstellen. Diese reichen von der gesamten erfassbaren Entwicklung über 10 oder 5 Jahren bis hin zu einem Jahr, sechs Monaten und immer engeren Zeiträumen von einem Monat, einer Woche und einem Tag. Über diese Zeiträume hinweg werden die grafischen Elemente des Charts in Einheiten, eben den Chartintervallen, visualisiert. Selbst beim Tageschart lässt sich dann noch „hereinzoomen“.
Chartintervalle in der Langzeit-Analyse
Die Entscheidung für die Betrachtung von Zeiträumen und bestimmten zeitlichen Einheiten hängt weitgehend von der eigenen Anlagestrategie ab. Aktionäre denken eher langfristig, bei der Investition in Anleihen, Aktien oder Fonds erfolgt der Vermögensaufbau über mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte, in deren Verlauf das Portfolio, wenn überhaupt, nur gelegentlich umgeschichtet wird. Langfristige Anlagen berücksichtigen die Wertentwicklung auf Dekadensicht und ziehen Jahres- und Quartalscharts ergänzend hinzu, wenn eine neue Investition im Raum steht. Kurzzeitige Kursausschläge, ganz gleich ob positiv oder negativ, lassen Langzeitanleger unbeachtet.
Charts im Daytrading
Trader hingegen agieren innerhalb anderer Zeitspannen, insbesondere wenn es um das sehr dynamische Daytrading geht. Auch Trader nutzen die Technische Analyse, bedienen sich jedoch anderer Chartintervalle für ihre Auswertung. Um einen Eindruck der Gesamtentwicklung eines Wertes zu erhalten, beginnt auch der Daytrader mit der Auswertung von Monatscharts oder einem Wochenintervall, wendet sich dann jedoch deutlich kürzeren Chartintervallen zu, die Tagescharts über Minuten-Intervalle bis zum Tick-Chart reichen.
Eine Frage der Perspektive: Was stellt ein Chartintervall dar?
Wenn es um die Technische Analyse geht, ist an dieser Stelle noch zu klären, was es mit der Bezeichnung Chartintervall in der Praxis auf sich hat – und warum der Begriff sich nicht mit entsprechenden Zeiträumen deckt, wie Einsteiger zunächst vermuten würden.
Das Chartintervall ist die Darstellungseinheit – und diese kann über einen beliebigen Zeitraum betrachtet werden. Am Beispiel von Kerzencharts sähe dies für einen Monatschart so aus, dass jeder Monat in der Kursentwicklung eines Wertes durch eine Kerze angezeigt wird. Welche Zeitspanne dabei betrachtet wird, ist eine andere Frage, Trader oder Anleger können sich die Monatskerzen für ein Jahr, durchaus aber auch für längere oder kürzere Zeiträume anzeigen lassen. Gleiches gilt natürlich für Tages- oder auch Minutencharts.
Wieder bezeichnet das Chartintervall die Einheit, die durch einen einzelnen Candlestick wiedergegeben wird, auch hier über den vom Trader definierten Zeitraum. Bei der Kombination von Chartintervallen mit Zeiträumen setzt die Erkennbarkeit und damit die mögliche Analyse von Kursentwicklungen Grenzen. So können mehrere Jahre der Kursverläufe eines Werte vielleicht noch im Wochenchart betrachtet werden, im Tageschart wären Einzelheiten jedoch nicht mehr erkennbar.
So läuft die Auswertung von Chartintervallen ab
Die Chartanalyse und die genaue Betrachtung von Chartintervallen erfolgt über die gewählte Handelssoftware. Welche Funktionalitäten diese mitbringt, fällt natürlich von Fall zu Fall unterschiedlich aus, die meisten Handelsplattformen erlauben jedoch die Einstellung von lang- und immer kurzfristigeren Chartintervallen – meist mit einem Mausklick. Trader beginnen mit der Auswahl der grafischen Darstellung im Chart, etwa in Form von Candlesticks, Balken oder Linien, und wählen zunächst ein längeres Intervall und einen größeren Zeitraum für einen Überblick über die gesamte Kursentwicklung.
Will man sich hereinzoomen und immer kürzere Intervalle betrachten, empfiehlt es sich, mehrere Fenster nebeneinander zu öffnen. Dabei erfolgt die Analyse von den längeren hin zu immer kürzeren Einheiten. Tatsächlich vergleichen nicht weniger Fachleute dieses Vorgehen mit der Verwendung einer Lupe, denn die Entwicklung über fünf Jahre oder ein Jahr zeigt langfristige Trends an, während kurze Intervalle die zeitlich begrenzten Reaktionen auf das Marktgeschehen anzeigen.
Der genauere Blick auf kürzeste Chartintervalle bringt wesentlich detailliertere Informationen zutage, die bei längeren Intervallen unsichtbar bleiben. Dies wiederum trägt dazu bei, Trendsignale, Kauf- oder Verkaufssignale, Widerstände und Ausbrüche früher erkennen und nutzen zu können.
Chartintervalle in ihrem zeitlichen und grafischen Rahmen
Wie man sieht, kommen in der Technischen Analyse bei der Auswertung von Chartintervallen verschiedene Elemente zusammen. Die gewählte Anzeige des Kurse lässt mehr oder auch weniger Feinheiten erkennen. Der Candlestick-Chart erlaubt dank der Berücksichtigung von Eröffnungs- und Schlusskursen ebenso wie Höchst- und Tiefstpreisen eine genauere Analyse als ein Linienchart.
- Grafische Darstellung
- Betrachtungszeitraum
- Chartintervalle
Hinzu kommt der gewählte Betrachtungszeitraum, der den Anlagehorizont des Investors oder Aktionärs vertritt. Um das Verhalten des Kurse nun auswerten zu können, werden innerhalb dieses Zeitraums Chartintervalle gewählt, die die Wiedergabe zeitlicher Einheiten beispielsweise in Form von Kerzen ermöglichen.
Kursentwicklungen analysieren durch den Einsatz von Chartintervallen
Chartintervalle sind, wie wir gesehen haben, ein wertvolles Tool im Rahmen der Technischen Analyse. Vollkommen berechtigt ist der Vergleich mit einer Lupe, die das Heranziehen immer feinerer Details bei Kursverläufen ermöglicht. Allerdings sind die gewählten Intervalle immer nur so aussagekräftig wie die Darstellung des Charts an sich.
Wer sich mit einem Linienchart begnügt, wird auch in eng gefassten Intervallen nicht dieselbe Fülle von Details überschauen können wie Trader, die sich für die Darstellung in Form von Kerzencharts entscheiden. Denn diese liefern dank der Darstellung von Eröffungs- und Schlusskursen sowie Höchst- und Tiefstständen genau die Informationen, die sich in der Auswertung fortschreitend engerer Intervalle zu Mustern verdichten. Trader erhalten durch die Kombination verschiedener Tools also erst den Überblick, der ihnen die Voraussage von Trends, Widerständen und Ausbrüchen erlaubt.
Auch für Langzeit-Investoren sind Chartintervalle eine wertvolle Hilfe, wenn auch über deutlich längere Betrachtungszeiträume und in größeren Einheiten – denn ihre Anlagestrategie ist zeitlich wesentlich weiter gefasst. Daher ist der versierte Umgang mit Chartintervallen in jedem Fall eine Kompetenz, sich Anleger oder Trader zu eigen machen müssen.
Was in der Theorie nachvollziehbar ist, lässt sich auch in der Praxis üben. Nicht wenige Broker, aber auch einige Banken geben ihren Kunden die Möglichkeit, kostenfrei, oft auch ohne zeitliche Begrenzung Demokonten zu nutzen. Vor dem Hintergrund einer echten Handelsumgebung, aber mit virtuellem Kapital können selbst Einsteiger ohne finanzielle Risiken das Trading erlernen. Dazu gehört auch die Handhabung der für den Handel genutzten Software und ihrer Analysetools.
Darunter finden sich die verschiedenen grafischen Darstellungen von Charts und der Einsatz von Chartintervallen im Rahmen der Technischen Analyse. Einführungen zum Thema finden sich in Form von Blogs, Video-Tutorials, aber nicht selten auch als Echtzeit-Webinare, die durch Experten abgehalten werden und bei denen die Teilnehmer eigene Fragen stellen können. Wenn die Grundlagen der Technischen Analyse in Theorie und Praxis verstanden sind und ein erstes Risikomanagement erarbeitet wurde, fällt der Übergang zum Echtgeldhandel leichter.
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