Was ist technische Analyse überhaupt?
Bei der technischen Analyse (auch: Chartanalyse) versuchen Trader oder Analysten anhand des bisherigen Verhaltens des Kurses vorherzusagen, wie sich der Kurs weiterentwickeln wird. Ziel ist es, dadurch möglichst zuverlässige Signale zu generieren und gute Ein- und Ausstiegssignale zu finden. Dabei nutzen sie teilweise verschiedene Theorien und Daten und versuchen so vor allem herauszufinden, wann Trends auftreten.
Trader, die von der technischen Analyse überzeugt sind und/oder im kurzfristigen Zeitraum handeln, nutzen in der Regel ausschließlich die Daten, die der Kursverlauf (Chart) ihnen bietet. Dabei haben sie zum einen die Möglichkeit, sich lediglich auf die grafische Darstellung zu verlassen. Sie versuchen dann vor allem, deutlich sichtbare Muster zu identifizieren. Gerade zu Beginn der Chartanalyse war dies die häufigste Herangehensweise.
Inzwischen gibt es dank der technischen Möglichkeiten moderner PCs allerdings viele Indikatoren, die berechnet werden können. Sie nutzen vergangene Daten wie Volumen, Volatilität oder Kursdurchschnitte. Damit haben sich die Möglichkeiten, die heutige Chartanalysten anwenden können, natürlich deutlich vervielfältig und der Werkzeugkasten ist deutlich praller gefüllt als noch zu den Anfangszeiten.
Dennoch nutzen viele Trader oft beide Arten von Indikatoren. So ist es beispielsweise durchaus gängig, das Stop Loss an die Unterstützungslinie anzupassen und so das Risiko sinnvoll zu begrenzen.
Ohnehin ist es üblich, dass Trader verschiedene Indikatoren kombinieren, um damit möglichst unterschiedliche Datenarten in ihre Entscheidung einfließen zu lassen. Da Indikatoren teilweise unterschiedlich reagieren und falsche Signale durchaus üblich sind, sollen die Vorhersagen so deutlich zuverlässiger werden.
Grafische Muster: Simpel aber effektiv?
Bei grafischen Mustern versuchen Trader, bestimmte Idealbilder im Chart wiederzuerkennen. Bekannte grafische Muster sind beispielsweise:
- Schulter-Kopf-Schulter
- Wimpel und Flagge
- (Umgekehrte) Untertasse
Die Idee dahinter ist natürlich, dass das Auftreten dieser Muster eine bestimmte Änderung vorhersagt. Tritt beispielsweise Schulter-Kopf-Schulter in einem Chart auf, so gilt dies als Trendwendeformation und Analysten erwarten einen Kursrückgang. Die Theorie dahinter ist, dass es dem Kurs nicht nachhaltig gelingt, sich nach oben abzusetzen und dadurch ein Kursrückgang wahrscheinlicher wird.
Natürlich hängt die Deutlichkeit der Formationen auch davon ab, welche Art von Chart ein Trader nutzt. Liniendiagramm bieten andere Möglichkeiten als beispielsweise Candlesticks oder Balkendiagramme. Candlesticks sollen übrigens schon im 16. Jahrhundert in Japan entwickelt worden sein, um die Reispreise zu analysieren, und sind somit die möglicherweise älteste Form der systematischen Chartanalyse.
Die meisten modernen Trader nutzen diese grafischen Muster – wenn überhaupt – eher als zusätzliche Bestätigung denn als alleinigen Indikator. Der Vorteil ist oft, dass die meisten Formationen für erfahrene Trader sehr leicht zu erkennen sind. Dementsprechend können sie „nebenbei“ genutzt werden, um andere Signale abzusichern oder um bei Unsicherheit den Ausschlag zu geben.
Der Vorteil von grafischen Mustern ist zudem, dass sie sich sehr unkompliziert nutzen lassen. So gut wie jede Trading-Plattform bietet die Möglichkeit, mit Zeichenwerkzeugen solche Muster zu verdeutlichen. Da diese relativ frei kombinierbar sind, sind unzählige Kombinationen möglich und die meisten Muster können gut erkannt werden.
Den meisten Tradern reicht diese Art von „Vorhersage“ allerdings inzwischen nicht mehr. Stattdessen wollen sie vergangene Kurse genauer analysieren.
Technische Indikatoren als Weiterentwicklung
Dadurch, dass es inzwischen kein Problem mehr ist, selbst die kompliziertesten Berechnungen in Echtzeit durchzuführen, haben sich die Möglichkeiten deutlich erweitert. Inzwischen gibt es Dutzende unterschiedliche technische Indikatoren, die die verschiedenen Daten nutzen, um die weitere Kursentwicklung möglichst genau vorherzusagen oder zumindest die Richtung zuverlässig vorherzusehen.
Sie werden in verschiedene Klassen eingeteilt. Gänig ist beispielsweise:
- Volumen
- Trendfolge
- Oszillatoren
Es gibt darüber hinaus noch einige weitere Indikatoren, die keiner dieser Gruppen zugeordnet werden können. Sie benötigen oftmals noch andere Daten, die nicht von jedem Broker zur Verfügung gestellt werden.
Dabei gilt es als sinnvoll, unterschiedliche Klassen von Indikatoren miteinander zu kombinieren, um auf diese Weise möglichst aussagekräftige Signale zu erhalten. So sollen Trends beispielsweise deutlich genauer bestimmt werden können, wenn auch ein entsprechendes Volumen gehandelt wird.
Im Laufe der Zeit sind einige der Indikatoren zudem noch komplexer geworden. Es gibt inzwischen einige, die die gleichen Indikatoren über verschiedene Zeiträume vereinen, oder sogar eine Kombination aus verschiedenen Indikatoren sind.
Gerade Einsteiger sollten zu Beginn nicht zu viel von sich selbst erwarten und langsam beginnen. Es reicht aus, erst einmal ein paar Trades im Demokonto durchzuführen und dabei ein oder maximal zwei Indikatoren zu nutzen. Auf diese Weise bekommen sie ein besseres Gespür dafür, wann ein Indikator zuverlässig funktionieren kann und wie gut er tatsächlich funktioniert. Wer verstanden hat, wie ein bestimmter Indikator funktioniert, erkennt auch schneller, wo seine Schwächen liegen und welcher andere Indikator eine gute Ergänzung darstellen könnte.
Was macht einen guten Indikator aus?
Indikatoren müssen verschiedene Eigenschaften erfüllen, um im Trader-Alltag gegen die große Konkurrenz zu bestehen. Auf den ersten Blick ist natürlich die Zuverlässigkeit in Bezug auf das Einstiegssignal die wichtigste Eigenschaft. Fast immer geht eine hohe Trefferquote jedoch auch zulasten der Häufigkeit der Einstiegsignale und viele Möglichkeiten werden so nicht erkannt.
Deswegen handeln in der Praxis viele Trader lieber mit etwas weniger zuverlässigen Indikatoren, die dafür genügend Signale generieren. Die Quote an falschen Signalen wird dann verringert, indem Trader weitere Indikatoren zur Absicherung nehmen.
Eine weitere wichtige Eigenschaft ist natürlich die Eindeutigkeit des Signals. Dies betrifft nicht zuletzt Indikatoren, die ihre Ergebnisse grafisch darstellen und dabei kein eindeutigen Merkmale wie die Überschreitung einer Linie haben. Sie sind fehleranfällig.
Ein weiterer Faktor kann dabei auch sein, dass Trader mehrere Indikatoren nicht gut genug kombinieren können. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein einzelner Indikator schon aus drei oder mehr Linien besteht und es dementsprechend kaum möglich ist, noch etwas zu erkennen, wenn noch mehr Indikatoren genutzt werden. Drei Indikatoren mit unterschiedlichen Berechnungen können deutlich aussagekräftiger sein als ein Indikator, der die gleiche Rechnung für drei unterschiedliche Zeiträume angibt.
Ein weiterer Faktor ist die Verbreitung des Indikators. Einige Indikatoren werden nur sehr selten genutzt und gehören deswegen auch nicht zur Standardausstattung der Handelsplattformen. Nicht jede Trading-Software erlaubt eine unkomplizierte Nachrüstung.
Jeder Indikator kann allerdings nur unter bestimmten Bedingungen funktionieren. Nutzer müssen also Zeiträume, übliche Volatilität und vieles mehr beachten, um sinnvolle Ergebnisse zu erhalten.
Kann technische Analyse überhaupt funktionieren? Welche Schwächen hat sie?
Technische Analyse hat den entscheidenden Nachteil, dass die Indikatoren natürlich nicht zuverlässig abbilden können, was sein wird. Stattdessen können sie nur angeben, was gerade ist, bzw. was gewesen ist. Es handelt sich um ein aktuelles Stimmungsbild des Marktplatzes, nicht der Zukunft.
Dies ist schon alleine deswegen nicht möglich, weil Indikatoren zwangsweise zeitlich immer etwas hinterherhinken. Sie benötigen längst vergangene Daten, um Aussage über die Gegenwart zu treffen. Sie sind also nur Prognosen und sind dementsprechend auch niemals sicher.
Dabei arbeiten Indikatoren natürlich auch nicht mit Wahrscheinlichkeiten, wie dies bei der Geldanlage durch Algorithmen inzwischen durchaus üblich ist. Vorhergegangene Ereignisse und Änderungen werden nicht herangezogen, um eine Wahrscheinlichkeit für eine Kursänderung oder die Stärke der Kursänderung anzugeben. Dies kann – wenn überhaupt – nur der Trader leisten, wenn er die dafür notwendigen Daten gesammelt hat.
Nicht zuletzt deswegen steht die technische Analyse durchaus in der Kritik, bzw. ist nicht unumstritten. Kritiker gehen davon aus, dass es keinen Grund gibt, warum vergangene Kurse auf zukünftige Kurse hinweisen sollten. Da Indikatoren sich immer nur auf vergangene Kurse beziehen können, wäre ihre Aussagekraft dann natürlich faktisch nicht vorhanden.
Diese Theorie wird zudem gestützt davon, dass es keine einheitliche Empfehlung für Indikatoren und die genutzten Zeiträume gibt. Schon kleine Änderungen können dazu führen, dass Einstiegssignale nicht mehr generiert werden oder eben plötzlich eindeutig sind. Für einige ist dies ein Grund, die Chartanalyse zu verwerfen. Andere sind der Meinung, dass jeder Indikator einen Zeitrahmen hat, indem er funktioniert.
Fazit: Die technische Analyse bietet viele Werkzeuge
Die technische Analyse stellt gerade für sehr kurzfristige Zeiträume einen umfangreichen Werkzeugkasten bereit, der prall gefüllt mit verschiedenen Indikatoren und Mustern ist. Viele Trader nutzen verschiedene dieser Werkzeuge gemeinsam, um damit möglichst zuverlässige und gute Einstiegssingale zu erhalten. Profis nutzen sie natürlich auch, um den richtigen Ausstiegszeitpunkt zu finden.
Dutzende verschieden Indikatoren verarbeiten allerlei Daten und geben ihren Nutzern so einen umfangreichen Einblick in Änderungen und Entwicklungen. Im Laufe der Jahre kommen immer mehr hinzu und sorgen so für eine große Vielfalt. Teils sehr komplexe Rechnungen lassen sich auf diese Weise durch einen einzigen Graph darstellen.
Allerdings ist die technische Analyse nicht unumstritten. Ihre auffälligsten Schwachpunkte sind die Tatsache, dass sie ausschließlich auf vergangene Daten basiert und die starke Veränderung des Ergebnisses, wenn sich vermeintliche Kleinigkeiten wie die betrachteten Zeiträume ändern.
Gerade Einsteiger sollten zu Beginn nicht zu viel erwarten und sich langsam an die unterschiedlichen Methoden und Indikatoren herantasten. Es ist wichtig zu verstehen, was ein Indikator überhaupt aussagen kann und herauszufinden, wo seine Grenze und Schwächen sind, bzw. welche Indikatoren dazu die passenden Stärken haben könnten. Denn gerade die Kombination von verschiedenen Indikatoren ist oftmals zielführend. Sie nicht zu verstehen und trotzdem anzuwenden, ist hingegen gefährlich.